Vortragsreihe 2024: Fremd im Land: Aus- und Zuwanderung im heutigen Rheinland-Pfalz von der Frühen Neuzeit bis heute
Ab dem 07. Mai 2024 startet die nächste Vortragsreihe des Instituts unter dem Thema „Fremd im Land – Aus- und Zuwanderung im heutigen Rheinland-Pfalz von der Frühen Neuzeit bis heute“. Die Vortragsreihe findet dieses Jahr an verschiedenen Orten (Mainz, Speyer, Trier und Simmern/Hunsrück) statt und wird parallel auf unserem YouTube-Kanal gestreamt.
Vor 200 Jahren begann die Auswanderung von Deutschen – insbesondere aus dem Hunsrück – nach Brasilien. Aus diesem Anlass widmet sich das Institut für Geschichtliche Landeskunde Rheinland-Pfalz in seiner Vortragsreihe 2024 dem Thema Aus- und Zuwanderung und den damit verbundenen Prozessen und Herausforderungen. Zu jeder Zeit in der Geschichte legten Menschen alleine oder in Gruppen weite Wege zurück. Sie wurden aus politischen, religiösen oder anderen Gründen aus ihrer Heimat vertrieben oder verließen ihre Heimat freiwillig, weil sie sich in einer anderen Region bessere Lebensbedingungen versprachen. Die Regionen des heutigen Bundeslandes Rheinland-Pfalz waren dabei, wie kaum eine andere Region, von Wanderungsbewegungen geprägt. Daher stellt Aus- und Zuwanderung ein bedeutendes Kapitel der rheinland-pfälzischen Geschichte dar und ist bis heute fester Bestandteil im Bewusstsein zahlreicher Familien und Gemeinden.
Migration war und ist dabei immer auch ein einflussreicher Faktor für gesellschaftliche, kulturelle und sprachliche Entwicklungen. So werden maßgebliche Eigenschaften der heutigen deutschen Sprache auf den Kontakt zu anderen Sprachräumen zurückgeführt, der durch Wanderbewegungen der letzten Jahrhunderte zustande kam. Auch die Familiennamenlandschaft wurde nachhaltig durch Migration – u.a. aus Frankreich und den Niederlanden – beeinflusst.
In den einzelnen Vorträgen wird der Frage nachgegangen, warum Menschen aus- und eingewandert sind, ob bestimmte Muster wahrzunehmen sind, welche Akteure beteiligt waren, wie sich Auswanderung auf Sprache und Namen auswirkt und welche gesellschaftlichen Folgen Wanderungsbewegungen in den betroffenen Regionen hatten.
Vorträge
Dienstag, 07.05.24, 19 Uhr
Menschen in Bewegung. Mobilität und Migration in der Frühen Neuzeit
Prof. Dr. Bettina Braun (JGU)
Ort: Erbacher Hof | Akademie des Bistums Mainz
Hartnäckig hält sich der Mythos, dass die Menschen früher sesshaft gewesen und Mobilität und Migration demzufolge ein Kennzeichen der Moderne seien. Diese Annahme hat die Forschung längst widerlegt. Auch früher sind Menschen – über größere oder kleinere Distanzen – in andere Dörfer, Städte oder Länder gezogen, um zu heiraten, eine Ausbildung zu absolvieren, eine bessere Arbeitsstelle zu finden oder weil sie Verfolgung ausgesetzt waren. Nach einem kurzen Überblick über allgemeine Entwicklungen in der Frühen Neuzeit werden in dem Vortrag einige Schlaglichter auf solche Bewegungen in der näheren Umgebung geworfen: auf Studenten und Professoren der Mainzer Universität, auf Gesellen in der Stadt Mainz, auf die Karriere- und Lebenswege Kurmainzer Beamten sowie auf Religionsflüchtlinge in Rheinhessen und der Pfalz. Gleichzeitig werden einige aktuelle Forschungsprojekte vorgestellt, die solche Wanderungsbewegungen mit Hilfe digitaler Instrumente visualisieren und damit neue Erkenntnisse sowie eine bessere Anschaulichkeit ermöglichen.
Dienstag, 14.05.24, 19 Uhr
Wo kehschte hiene, solle meer met dehr kehn? – Pfälzische Sprachinseln am Niederrhein
Verena Krautwald (LVR – Institut für Landesgeschichte und Regionalgeschichte)
Ort: Landesarchiv Speyer
1741 wollten knapp 20 Familien aus der Kurpfalz ihr Glück in Amerika suchen – doch siedelten letztlich bei Goch am Niederrhein. Mit im Gepäck trugen sie natürlich auch den Pfälzischen Dialekt, der sich fortan unabhängig von dem in der Heimat entwickelt. Der Vortrag beleuchtet, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Dialektinseln, dem Pfälzischen und den Dialekten des Niederrheins bestehen.
Dienstag, 21.05.24, 19 Uhr
Fremder Klang, vertrauter Name. Geschichte und Verbreitung französischer Familiennamen in Rheinland-Pfalz
Dr. Daniel Kroiß (IGL)
Ort: Stadtmuseum Simeonstift Trier
Mit seiner geografischen Nähe zu Frankreich war das Gebiet an Rhein und Mosel mehrfach Ziel französischer Einwanderung. Dabei führte nicht nur die Ansiedlung hugenottischer Glaubensflüchtlinge dazu, dass einige französische Familiennamen wie Lafontaine und eingedeutschte Formen wie Düpre oder Scharding hier heute einen festen Platz im Familiennameninventar haben. Dr. Daniel Kroiß vom Institut für Geschichtliche Landeskunde Rheinland-Pfalz geht Geschichte, Form und Verbreitung von Familiennamen französischer Herkunft in Rheinland-Pfalz nach.
Dienstag, 28.05.24, 19 Uhr
Die Auswanderung aus der Pfalz und Rheinhessen nach Brasilien im 19. Jahrhundert. Möglichkeiten der Forschung anhand der Überlieferung im Landesarchiv Speyer
Julian Wolff (Landesarchiv Speyer)
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Die Digitale Migrationskartei des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde. Genese eines digitalen Langzeitprojektes.
Dr. Maximilian Lässig (IPGV)
Ort: Landesarchiv Speyer
Die Migrationskartei des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde (IPGV) enthält über 300.000 Datensätze, aus denen schätzungsweise über eine Million Wanderungsbewegungen aus und in die Pfalz seit dem 16. Jahrhundert hervorgehen. In seinem Vortrag wird Dr. Maximilian Lässig, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IPGV in Kaiserslautern, die Entstehung der Migrationskartei des IPGV wie auch die ersten Digitalisierungsversuche dieser sehr umfangreichen Sammlung an Migrationsdaten beschreiben. Auch wird er einen Einblick in das heutige, von Grund auf neu konzipierte Digitalisierungsprojekt geben und dabei auch auf die Probleme der digitalen Repräsentation solcher Bestände eingehen.
Dienstag, 04.06.24, 19 Uhr
Von Mosel und Saar nach Rio Grande do Sul – Auf den Spuren deutscher Auswanderer in Südbrasilien
Tafarel Schmitt (IGL)
Ort: Stadtmuseum Simeonstift Trier
Vor 200 Jahren begann eine starke Auswanderungsbewegung aus dem heutigen Deutschland nach Brasilien. Im Rahmen seines Vortrags stellt Tafarel Schmitt, Gastforscher aus Brasilien und Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung, vor, wie und warum zahlreiche Deutsche in Südbrasilien ihre neue Heimat suchten und welche kulturellen Merkmale sich ihre Nachfahren bis heute bewahren. Exemplarisch wird dabei die Geschichte zweier Auswandererfamilien aus dem Raum Mosel-Saar erzählt, die von besonderer Bedeutung für die brasilianische Stadt Morro Reuter waren. Der Vortrag will dabei die Herausforderungen, aber auch den Wert solcher Ahnenforschungen aufzeigen.
Dienstag, 11.06.24, 19 Uhr
Migrationsprozesse im Mainz der 1960er/70er-Jahre. Beobachtungen zu Bildquellen
Dr. Andreas Linsenmann (JGU)
Ort: Erbacher Hof | Akademie des Bistums Mainz
Mainz hat in den in den 1960er und 70er Jahren, wie viele andere westdeutsche Städte, zahlreiche Arbeitsmigranten angezogen. Diese lebten zunächst saisonweise, dann aber auch länger in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt, holten ihre Familien nach und wurden dauerhaft Teil der Stadtgesellschaft. Fotografisch begleitet wurde das Thema von der Bildberichterstatterin Karin Eckert (1912-2001), deren berufliches Leben von 1947 bis 1987 eng mit der „Allgemeinen Zeitung“ verbunden war. Ihr umfangreicher Bildnachlass, der im Mainzer Stadtarchiv verwahrt wird, stellt eine wichtige Quelle zu diesem Themenfeld dar. In dem Vortrag werden Aufnahmen Karin Eckerts zum Thema Migration auf Schwerpunkte, Merkmale und Erzählmuster untersucht: Wer kam aus welchen Gründen „in die Zeitung“? Wie wurden diese Zuwanderer dargestellt, welche Perspektiven wurden eingenommen, welche Geschichten wurden über sie erzählt? Und welche Rolle spielten dabei Kategorien wie Fremdheit, Heimat und Zugehörigkeit?
Dienstag, 18.06.24, ab 18:00 Uhr
Vortragsabend „Auswanderung nach Brasilien“ in Kooperation mit dem Hunsrück-Museum Simmern, das am 18. Mai 2024 die Ausstellung „Neuland“ eröffnet.
Gisele Schneider und Joáo Hoffmann – Was uns Namen über die Geschichte der Deutschstämmigen in Brasilien verraten
Dr. Simone Busley (IGL)
Die im 19. Jahrhundert zahlreich aus dem Hunsrück nach Brasilien ausgewanderten Deutschen und ihre Nachfahren lebten lange Zeit unter sich. In den Kolonien erhielten die Deutschstämmigen ihre Sprache und Kultur und gaben ihren Kindern deutsche Vornamen, z. B. Katharine, Elisabeth, Karl oder Theodor. Die deutsch-brasilianische Migrationsgeschichte erfuhr jedoch durch die beiden Weltkriege einen tiefen Einschnitt. Der Vortrag beleuchtet, wie die Deutschstämmigen in Brasilien deutsche Identitätsmerkmale (z. B. Sprache, Vereine) unter Zwang aufgeben mussten und, um Diskriminierung zu vermeiden, auch ihre Vornamen geändert haben.
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Sauerkraut, Kerb und Trachten in Brasilien? 200 Jahre deutsche Kultur in Rio Grande do Sul
Tafarel Schmitt (IGL)
Ort: Hunsrück-Museum Simmern
Termine
Dienstag, 07. Mai 2024
Dienstag, 14. Mai 2024
Dienstag, 21. Mai 2024
Dienstag, 28. Mai 2024
Dienstag, 04. Juni 2024
Dienstag, 11. Juni 2024
Dienstag, 18. Juni 2024
Beginn jeweils um 19:00 Uhr
Die Vorträge werden zusätzlich auf dem Youtube-Kanal des IGL gestreamt
Der Eintritt ist frei.
Hier finden Sie den Flyer zur Vortragsreihe: