Vortragsreihe 2025: Miteinander? Kommunikation im ländlichen Raum aus historischer Perspektive

Ab dem 29. April startet die nächste Vortragsreihe des Instituts unter dem Thema „Miteinander? Kommunikation im ländlichen Raum aus historischer Perspektive“. Die Vortragsreihe findet dieses Jahr an verschiedenen Orten (Mainz, Speyer, Trier, Kaiserslautern und Ingelheim) statt und wird parallel auf unserem YouTube-Kanal gestreamt.

In einer durch die Romantik geprägten Vorstellung vom Leben auf dem Land spielt Kommunikation auf den ersten Blick keine zentrale Rolle. Schnell wird dabei aber vergessen, dass gerade für ein Leben auf dem Land das Miteinander der Bewohnerinnen und Bewohner seit jeher eine überlebenswichtige Rolle gespielt hat. Von der Ernte über die Gewährleistung der Wasserversorgung bis hin zur Verarbeitung und dem Verkauf der erwirtschafteten Produkte waren die meisten alltäglichen Aufgaben vor der Maschinisierung nur in Gemeinschaft möglich, und diese bedurfte einer kommunikativen Basis. Neben den vorstrukturierten Kommunikationsanlässen, z. B. im Kontext von Dorfgerichten und bei der Erfragung und Weisung der Weistümer, kamen informellen Treffen zentrale Funktionen zu, wobei sowohl an den Austausch im öffentlichen Bereich, z. B. beim Kirchgang, dem Besuch des Wirtshauses oder des Dorfladens, als auch jenen im privaten und nachbarschaftlichen Umfeld, z. B. bei der gemeinschaftlichen Handarbeit, zu denken ist. Erst im Wechselspiel dieser vielen Kontexte entstanden und differenzierten sich Identitäten und soziale Netzwerke, sodass dörfliche Gemeinschaften entstanden. Dass dies oft nicht reibungslos und selten für alle Beteiligten positiv verlief, darf dabei nicht verschwiegen werden, wenn man nicht einer sozialromantischen Illusion anheimfallen möchte. Orte der Kommunikation waren immer auch Orte der Auseinandersetzung und des Konflikts.

Die Ausprägungen von Kommunikation und die durch sie gekennzeichneten Raumkonstellationen sind eng mit dem sozio-kulturellen Wandel verbunden. Beispielsweise änderten sich im letzten Jahrhundert durch die Industrialisierung, die verstärkte Verfügbarkeit von Maschinen und das immense Wachstum der Städte, aber auch mit der flächendeckenden Einführung des Fernsehens und schließlich der Ausbreitung des Mobilfunks und des Internets die Kommunikationsorte und -mechanismen grundlegend, sodass oft vom Aussterben des traditionellen Landlebens die Rede ist. Nicht zuletzt zeigt sich dieses Phänomen am Aussterben der Dorfläden und Gastwirtschaften, dem Leerbleiben der Kirchen, dem geringeren lokalpolitischen Engagement und den Nachwuchsproblemen lokaler Vereine, aber auch im Verlust ortstypischer Sprache (Dialekte, Örtlichkeitsnamen wie Flur- oder Hausnamen), wie auch im Wissen um die bezeichneten Objekte.

Die Vortragsreihe möchte die Kommunikation im ländlichen Raum und deren Wandel aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufgreifen. Dabei werden sprachliche Aspekte ebenso berücksichtigt wie unterschiedliche Zeitperspektiven und Regionen. An ausgewählten Beispielen wird aufgezeigt, wie sich Kommunikationsprozesse und -mechanismen sowie Aushandlungsprozesse in Konflikt und Konsens aus historischen Quellen von der Antike bis ins 21. Jahrhundert erschließen lassen. Abschließend soll in einer Podiumsdiskussion der Blick auf heutige Konstellationen und Ausprägungen der Kommunikation im ländlichen Raum gelenkt werden.

Vorträge

Freitag, 02.05.25, 17:30 Uhr 

Menschen in Bewegung. Einführung im Rahmen der Mitgliederversammlung: Kommunikation im ländlichen Raum

Prof. Dr. Leif Scheuermann (Vorsitzender des IGLs)

Ort: Isaac-Fulda-Allee 2b (Institut für Geschichtliche Landeskunde/ Seminarraum K2)


Dienstag, 06.05.25, 18 Uhr 

Kommunikation in der Antike

Dr. Parick Reinard (Universität Trier)

Ort: Thermen am Viehmarkt Trier


Dienstag, 13.05.25, 18 Uhr 

Streit im Dorf in und um Ingelheim – Die Ingelheimer Haderbücher

Dr. Regina Schäfer (Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Ort: Museum bei der Kaiserpfalz Ingelheim  

Schlägereien im Wirtshaus, Spannungen zwischen Nachbarn, Erbstreitigkeiten in der Familie oder auch Mobbing bei der Arbeit – die Orte, an denen man sich vor über 500 Jahren stritt, sind ebenso vielfältig wie die Gründe, wieso es zum Streit gab. Zwar überwog bei weitem der Zank um das liebe Geld (besonders zwischen Verwandten), doch auch eine Fülle weiterer Dinge erhitzten die Gemüter: die Regenrinne am Haus oder die Mauer zwischen den Grundstücken, eine unsachgemäße Reparatur oder eine falsche Behandlung durch den Barbier, entlaufene Tiere und natürlich böse Nachrede, Beleidigungen und vieles mehr. In den Ingelheimer Gerichtsbüchern werden die Konflikte in den mittelalterlichen Gemeinden sichtbar. Sie ermöglichen einen Einblick in das Sozialgefüge der Dörfer, die uns teils fremd, teils aber auch sehr bekannt vorkommen – bis hin zum Misstrauen gegenüber Fremden.


Dienstag, 20.05.25, 19 Uhr 

de Schmidte Peter und s Fischers Emma. Zur Herstellung von Dörflichkeit durch inoffiziell-dialektale Namen

Dr. Theresa Schweden

Ort: Vortragssaal des IPGV Kaiserslautern

Neben amtlichen Namen (Emma Fischer) existieren im dörflichen Raum inoffiziell-dialektale Namenvarianten, bei denen der Familienname vor dem Rufnamen steht (die Fischer Emma; (s) Schmidte Peter). Abgesehen von bzw. gerade durch ihren dialektalen Status werden sie genutzt, um Mitgliedschaft in der Dorfgemeinschaft zu konstruieren: Sie werden von ortsfesten Sprechenden mit Kenntnis der ansässigen Familien zur Bezugnahme auf ortsansässige Personen verwendet. Über konservierte Genitivartikel und -endungen (s Fischer-s Emma < des Fischer-s Emma ʻEmma, die aus der Familie Fischer stammtʼ) kann die Zugehörigkeit zu einer ortsbekannten Familie besonders relevant gesetzt werden. Teil dieses dialektalen Referenzsystems sind auch sogenannte Hausnamen, die Gebäude/Gehöfte und deren Bewohner gleichermaßen bezeichnen und meist auf Rufnamen oder Berufe ursprünglicher Hausbesitzer zurückgehen: Peter Schmidt (Hausbesitzer) > s Schmidte (Hausname) > s Schmidte Emma (Nachfahrin von Peter). Im Vortrag werden Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt gezeigt, das von 2018 bis 2021 dialektale Namen deutschlandweit untersucht hat. Dabei haben sich der südwestdeutsche Raum und die Pfalz als sprachlich besonders interessant erwiesen.


Mittwoch, 28.05.24, 18 Uhr 

Die Etablierung des Standarddeutschen im ländlichen Raum mit Fokus auf Rheinhessen (19. Jahrhundert)

Dr. Brigitte Ganswindt

Ort: Wissenschaftliche Stadtbibliothek Mainz


Dienstag, 03.06.24, 19 Uhr 

Freistaat Flaschenhals – wie passt zusammen was nicht zusammengehört?

Dr. Stephanie Zibell

Ort: Stadt Kaub (N.N.)


Dienstag, 17.06.25, 18:00 Uhr 

Die Praxis der „Schutzhaft“ im ländlichen Raum 1933/34 – eine Art der Kommunikation?

Dr. Miriam Breß (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)


Donnerstag, 26.06.25, 18:00 Uhr 

Podiumsdiskussion: Zwischen Dorfschreiern und digitalen Dörfern – Kommunikation und Dorf heute

Teilnehmer: N.N.

Ort: Landtag Rheinland-Pfalz

Termine

Freitag, 02. Mai 2025

Dienstag, 06. Mai 2025

Dienstag, 13. Mai 2025

Dienstag, 20. Mai 2025

Mittwoch, 28. Mai 2025

Dienstag, 03.Juni 2025

Donnerstag, 26. Juni 2025

Die Vorträge werden zusätzlich auf dem Youtube-Kanal des IGL gestreamt

Der Eintritt ist frei.

In Kooperation mit

Landtag Rheinland-Pfalz

Landesarchiv Speyer

Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz

Wissenschaftliche Stadtbibliothek Mainz

Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde

Museum bei der Kaiserpfalz